Exkursion Felix Nussbaum Haus
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Nie wieder ist jetzt
Sich mit der deutschen Geschichte zu beschäftigen, ist nicht immer angenehm – besonders nicht mit der Geschichte zwischen 1933 und 1945. Jedes Detail, jedes Einzelschicksal, alles, was man über den Nationalsozialismus lernt, lässt einen noch betroffener, noch verständnisloser, noch trauriger zurück, als man es ohnehin schon war.
Gerade in Zeiten, in denen Rechtsextremismus wieder salonfähig wird, in denen Parteien der Mitte mit Rechtsextremen paktieren und unsere Demokratie stetig weiter und weiter traktiert wird, zeigt sich, wie wichtig es ist, aus der Geschichte zu lernen, wie wichtig es ist, unsere Geschichte zu kennen und ihre Bedeutung für die Gegenwart zu sehen.
Am Mittwoch, den 18. Dezember 2024 hatte der 13. Jahrgang der IGS Melle die Chance, das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück zu besichtigen und an einer Führung zu Stätten nationalsozialistischer Gewalt teilzunehmen.
Felix Nussbaum wird 1904 in Osnabrück geboren. Er studiert Kunst in Berlin und ist Teil der aufstrebenden Kunstszene der Stadt. 1927 lernt er in Berlin seine Lebensgefährtin Felka Platek kennen. Er verzeichnet große Ausstellungserfolge, wird von seinem Vater, einem wohlhabenden Kaufmann, unterstützt und lernt in Frankreich und Italien. Doch dieses gute Leben wird ihm nicht lange erhalten bleiben, denn er ist Jude.
Seit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland lebt Felix Nussbaum im Exil. Zunächst in Italien, dann in Frankreich und schließlich in Brüssel. 1940 wird Felix Nussbaum mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Brüssel verhaftet und in das französische Internierungslager Saint-Cyprien gebracht. In Anbetracht der Umstände im Lager bittet er um die Rückführung nach Deutschland. Auf seinem Weg nach Deutschland gelingt ihm die Flucht und er kehrt zurück nach Brüssel. Bis 1944 lebt er mit seiner Frau im Brüsseler Untergrund, doch er wird denunziert und mit dem letzten Deportationszug nach Auschwitz gebracht, dort wird er letztlich ermordet.
Auch während seiner Zeit im Untergrund hört Felix Nussbaum nie mit dem Malen auf. Hier schafft er einige seiner bekanntesten Werke, wie etwa das “Selbstporträt mit Judenpass”.
Das Felix-Nussbaum-Haus bietet einen erdrückenden und eingänglichen Einblick in Felix Nussbaums Leben. Die Architektur des Gebäudes spiegelt seinen Lebensweg wider und macht ihn zumindest ansatzweise greifbar. Die ausgestellten Gemälde lassen einen tiefen Blick in sein Leben vor und während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten zu. Das Leben als Künstler, als Freigeist und als Jude zu dieser Zeit muss, so beweisen es Nussbaums Werke eindrücklich, ein schreckliches, unterdrücktes, von Angst und Ungewissheit geprägtes Leben gewesen sein.
Das Gebäude, die Gemälde, die Ausführungen der Museumsführerin: Uns Schüler*innen wird ein tiefer, nahbarer und erschreckender Einblick in dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte und in das Leben eines erstaunlichen Mannes gewährt.
Auch der Besuch von Stätten nationalsozialistischer Gewalt in Osnabrück regt zum Nachdenken an. Die Stolpersteine, welche die Namen derer dokumentieren, die dem willkürlichen Hass der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Die Stelle, an welcher einst die alte Synagoge von Osnabrück stand, welche in der Reichspogromnacht niederbrannte. Diese Stätten rücken die Vergangenheit in den Fokus. Sie zeigen, wie willkürlich der Hass war, wie weit er verbreitet war und wie viele ihm zum Opfer fielen.
Die bewegende Geschichte Felix Nussbaums, die Stolpersteine, welche über ganz Deutschland verstreut unsere Städte kennzeichnen und Denkmäler, wie das der alten Synagoge, sie erinnern und mahnen uns davor, was vor 80 Jahren in Europa geschah. Wir Schüler*innen und alle anderen Menschen tragen eine Verantwortung. Was geschehen ist, kann wieder geschehen, das dürfen wir nicht zulassen. Unsere Exkursion kann als Warnung und als Wachrütteln verstanden werden. Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, nichts davon ist selbstverständlich. Es sind hohe Güter, welche geschützt, gelebt und verteidigt werden müssen.
Nie wieder ist jetzt.
Text: Samuel Enge, Fotos IGS Melle